Was ist eine Behörde und was macht sie aus? Gibt es Unterschiede zu Anstellungsverhältnissen und wenn ja, welche? In einer mehrteiligen und auf das erste Halbjahr verteilten Behördenserie wollen wir uns auf dem Personalrechtsblog diesen und anderen Fragen widmen und den Fokus auf die Kantone Zürich, Aargau, Bern und Luzern richten. Im ersten Teil geben wir im Sinne eines Einstiegs ins Thema einen Überblick über die Hauptmerkmale einer Behörde und deren rechtliche Bedeutung.
Abstract: Eine Behörde ist ein gewähltes Gremium, das Behördenmandat damit das Ergebnis einer Wahl und nicht eines Anstellungsprozesses. Behördenmitglieder werden typischerweise aufgrund ihrer politischen Einstellung bzw. Parteizugehörigkeit in ihr Amt gewählt, während bei Staatsangestellten das Parteibuch bei der Anstellung unerheblich ist. Behördenmitglieder werden befristet beschäftigt, haben keine Vorgesetzten und teilen die Aufgaben innerhalb der Behörde nach eigenem Ermessen auf.
Was ist eine Behörde?
Im allgemeinen Sprachgebrauch ist der Begriff der Behörde weit verbreitet und weitgehend unhinterfragt. Tatsächlich fehlt indes eine einheitliche Definition des Begriffs; vielmehr ist «Behörde» besonders in Deutschland Synonym für Verwaltung. Ein anderes Mal wird der Begriff generisch für Gremien im Staat verwendet, welche in gemeinschaftlicher Arbeit Beschlüsse nach dem Mehrheitsprinzip fällen. In den Kantonen und insbesondere Gemeinden wird der Behördenbegriff weitaus enger gefasst. Die Kantonsverfassung des Kantons Zürich knüpft an die Wahl an, was sich aus ihrem Art. 40 Abs. 1 ergibt: «In den Kantonsrat, den Regierungsrat, die obersten kantonalen Gerichte und den Ständerat kann gewählt werden, wer in kantonalen Angelegenheiten stimmberechtigt ist. Wer in die übrigen Behörden gewählt werden kann, bestimmt das Gesetz». Ähnliche Bestimmungen finden sich in den Kantonsverfassungen der Kantone Aargau (Art. 61), Bern (Art. 67) und Luzern (§ 18).
Für die Zwecke unserer Behördenserie bedeutet der Begriff der Behörde ein für einen bestimmten Zeitraum gewähltes Gremium (Kollegialorgan), welches mit einem bestimmten Auftrag und mit Entscheidungsbefugnissen ausgestattet im Dienst des Staates tätig wird. Wir werden uns insbesondere auf die Gemeindebehörden, namentlich das oberste Exekutivorgan, den Gemeinderat, konzentrieren.
Fundamentale Unterschiede zum Anstellungsverhältnis
Wahlkampf statt Bewerbung. Bedenkt man, dass der öffentlich-rechtliche Arbeitgeber bereits im Rahmen des Anstellungsprozesses die verwaltungsrechtlichen Prinzipien – insbesondere das Gleichbehandlungsgebot und das Gebot der Sachlichkeit – beachten muss, ist die Art und Weise, wie das Rechtsverhältnis zwischen Staat und Behördenmitglied angebahnt wird, eine ganz und gar verschiedene. Behördenmitglieder bewerben sich nicht um ihr Amt, sondern sie führen einen Wahlkampf, in welchem sie insbesondere auch wegen ihrer politischen Haltung gewählt werden, und nicht (nur) wegen ihrer fachlichen Eignung für die betreffende Aufgabe.
Behördenmitglieder haben keine Vorgesetzten. Behördenmitglieder werden nicht geführt, das heisst sie haben keine Vorgesetzten. Ihre Tätigkeit untersteht der Aufsicht, wobei weniger einzelne Handlungen einzelner Behördenmitglieder im Fokus stehen, sondern vielmehr die Behördentätigkeit als Ganzes. Die Aufsicht übt beim Einschreiten kraft Aufsichtsrechts Zurückhaltung, sie schreitet insbesondere nicht deshalb ein, weil sie selbst mit einem Handeln der ihr unterstellten Behörde nicht einverstanden ist, sondern nur, wenn grobe bzw. wiederholte Pflicht- oder Rechtsverletzungen vorliegen. Eine weitere Folge fehlender Führung zeigt sich bei behördeninternen Auseinandersetzungen – seien diese politischer, rechtlicher oder menschlicher Natur. In Ermangelung einer direkten vorgesetzten Stelle müssen sich Behördenmitglieder in der Regel ausschliesslich selbst um die Konfliktlösung innerhalb ihres Gremiums kümmern. Dies wird in einem späteren Beitrag unserer Behördenserie näher ausgeleuchtet. Auch das Präsidium einer Behörde hat kein Weisungsrecht gegenüber den Kolleginnen und Kollegen. Es hat aber besondere Aufgaben betreffend die Repräsentation der Behörde nach aussen, es hat bei Stimmengleichheit den Stichentscheid und es führt die Behördensitzungen.
Die Behördentätigkeit ist befristet. Behördenmitglieder werden stets für eine bestimmte Amtszeit – meist vier Jahre – gewählt. In zeitlicher Hinsicht haben sie regelmässig keinen Anspruch auf Fortführung ihres Mandats über diese Amtszeit hinaus. Eine Fortführung der Behördentätigkeit kann nur durch Wiederwahl erfolgen. Damit entfällt ein Anspruch auf Besitzstandswahrung und das Einkommen aus der Behördentätigkeit bricht grundsätzlich weg, wenn sie nicht wiedergewählt werden. Es gilt allerdings: Kein Grundsatz ohne Ausnahmen. So ist es möglich, dass je nach Amtsdauer und Alter Anspruch auf Überbrückungsrenten, Abgangsentschädigungen oder andere finanzielle Leistungen besteht.
Behörden konstituieren sich selbst. Die Aufgaben innerhalb einer Behörde werden in der Regel in Ressorts aufgeteilt und jedem Behördenmitglied werden ein oder mehrere Ressorts zugewiesen. Die konkreten Sachthemen, mit welchen sich ein Behördenmitglied während seiner Amtszeit befasst, sind dem Wahlorgan nicht anheimgestellt, sondern das Ergebnis einer internen Verteilung. Zwar erfolgt die Konstituierung grundsätzlich für die gesamte Amtsdauer. Aus sachlichen Gründen kann indes auch während der Amtsdauer eine Neukonstituierung erfolgen, etwa, wenn aufgrund von Konflikten eines Behördenmitglieds mit der Operativen Führung eine Ressortführung nur noch erschwert möglich ist (vgl. Verwaltungsgerichtsentscheid vom 6.9.2017, VB.2017.00168).
Vor dem Hintergrund dieser und noch weiterer Unterschiede zum Anstellungsverhältnis stellt sich die Frage, inwiefern Behördenmitglieder überhaupt dem kantonalen bzw. kommunalen Personalrecht unterstellt werden können und sollen. Den Besonderheiten im Rechtsverhältnis zwischen Staat und Behördenmitglied wird auf unterschiedliche Weise Rechnung getragen, so dass – tatsächlich – das Personalrecht nicht unbesehen für Behördenmitglieder gilt.
Im nächsten Beitrag unserer Behördenserie richten wir den Fokus auf dieses Zusammenspiel zwischen Behördentätigkeit und Personalrecht und auf die Rechte und Pflichten der Behördenmitglieder. Wir beantworten auch die Frage, welche (weiteren) Rechtsnormen Anwendung finden und wie mit behördeninternen Auseinandersetzungen umzugehen ist. In weiteren Beiträgen beschäftigen wir uns unter anderem mit Fragen rund um die finanzielle Abgeltung der Behördentätigkeit, beleuchten, wie Entscheide zustande kommen und welche Rechtsmittel dagegen zur Verfügung stehen und wann Ärger in der Behörde entstehen und wie ihm konstruktiv entgegnet werden kann.