In einem bisher unveröffentlichten Urteil des Verwaltungsgerichts Zürich vom 10. November 2022 ist dieses zum Schluss gekommen, dass die fristlose Auflösung eines kommunalen Mitarbeiters gerechtfertigt war, nachdem sich der ungeimpfte und von der Maskentragepflicht dispensierte Mitarbeiter geweigert hatte, sich einem wöchentlichen Covid-Test zu unterziehen. Der Entscheid macht deutlich, dass sich eine (öffentlich-rechtliche) Arbeitgeberin trotz hoher Schwellen für eine fristlose Kündigung durchaus und gerade mit Blick auf den Schutz von Interessen ihrer übrigen Mitarbeitenden auf den Standpunkt der Unzumutbarkeit der Fortführung stellen darf.
Abstract: Die fristlose Kündigung eines Schulhortmitarbeiters ist gerechtfertigt, wenn dieser durch die Weigerung, einen gesetzlich vorgeschriebenen Covid-Test zu machen, bewirkt, dass ihn seine Arbeitgeberin im Betrieb nicht mehr einsetzen darf.
Der Entscheid
Dem Entscheid lag im Wesentlichen der folgende Sachverhalt zugrunde: Der Arbeitnehmer war seit dem 1. August 2018 als Hortbetreuer für eine Schulgemeinde tätig. Am 4. Oktober 2021 trat die Verordnung über die Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie im Bildungsbereich (V Covid-19 Bildungsbereich) in Kraft. Gemäss deren § 2 Abs. 1 galt unter anderem für das Lehr‑, Betreuungs- und Schulpersonal an öffentlichen Schulen der obligatorischen Volksschule in Innenräumen eine Maskentragpflicht mit Ausnahmen. Nach § 2 Abs. 3 V Covid-19 Bildungsbereich waren Personen mit einer ärztlich bescheinigten Maskendispens verpflichtet, am wöchentlichen repetitiven Testen in der Schule teilzunehmen bzw. sich wöchentlich mittels molekularbiologischer Analyse testen zu lassen, sofern sie nicht den Nachweis erbrachten, dass sie über ein gültiges Covid-19-Impfzertifikat oder ein gültiges Covid-19-Genesungszertifikat verfügten.
Mit E‑Mail vom 28. Oktober 2021 teilte der Arbeitnehmer — der vom Tragen einer Maske dispensiert war — dem zuständigen Mitglied der Schulpflege mit, er sei weder bereit, eine Maske zu tragen noch wolle er sich regelmässig testen lassen. Mit E‑Mail vom 29. Oktober 2021 wies ihn die Schulpräsidentin auf die rechtlichen Grundlagen dieser Verpflichtung hin und lud ihn zu einem Gespräch am 1. November 2021 ein. Anlässlich dieses Gesprächs forderte die Schulpräsidentin den Arbeitnehmer erneut auf, an den wöchentlichen Pooltests teilzunehmen, dieser hielt indes an seiner Weigerungshaltung fest. Daraufhin stellte ihm die Schulpräsidentin die fristlose Auflösung des Anstellungsverhältnisses in Aussicht. Mit Schreiben vom 3. November 2021 stellte die Schulpflege dem Arbeitnehmer den Entwurf eines Auflösungsbeschlusses zu und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Arbeitnehmer nahm hierzu in der Folge schriftlich Stellung, zeigte sich hinsichtlich der Maskentrage- bzw. Testpflicht aber weiterhin uneinsichtig. Mit Verfügung vom 9. November 2021 löste die Primarschulpflege das Anstellungsverhältnis mit sofortiger Wirkung auf, nachdem sie den Arbeitnehmer zuvor vorsorglich im Amt eingestellt hatte.
Der Bezirksrat hiess einen hiergegen erhobenen Rekurs insofern gut, als er dem Arbeitnehmer eine Nachzahlung des auf die Dauer der vorsorglichen Einstellung im Amt entfallenden Lohns zusprach; im Übrigen wies er den Rekurs ab. Der Arbeitnehmer gelangte daraufhin ans Verwaltungsgericht Zürich.
Sowohl ein formeller als auch ein materieller Aspekt des verwaltungsgerichtlichen Entscheids sind beachtenswert.
Rechtliches Gehör. Der Arbeitnehmer hatte unter anderem gerügt, die Arbeitgeberin hätte sein rechtliches Gehör verletzt, weil die Schulpräsidentin im Gespräch vom 1. November 2021 bereits festgehalten habe, dass das Anstellungsverhältnis fristlos aufgelöst werde und ihm ein ausgefertigter Kündigungsbeschluss unterbreitet worden sei.
Entscheidend ist, ob sich die Anstellungsbehörde noch von einer Auflösung abbringen lässt.
Das Verwaltungsgericht folgte dieser Argumentation nicht, denn es liege in der Natur der Sache, dass die Arbeitgeberin im Zeitpunkt des rechtlichen Gehörs davon ausgeht, es liege ein Kündigungsgrund vor, andernfalls würde sie ein entsprechendes Verfahren gar nicht eröffnen. Darin ist denn auch noch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erblicken, sofern der Entscheid zur einseitigen (fristlosen) Auflösung des Anstellungsverhältnisses nicht bereits definitiv gefallen sei. Entscheidend sei deshalb, ob die Anstellungsbehörde sich im Rahmen des rechtlichen Gehörs durch überzeugende Argumente noch von einer Auflösung des Anstellungsverhältnisses abbringen liesse. In der Kündigungsverfügung setzte die Schulpflege sich mit den Vorbringen des Arbeitnehmers auseinander und legte dar, weshalb diese zu keinem anderen Entschluss führen, weshalb das Gericht den Gehörsanspruch als gewahrt ansah.
Unzumutbarkeit. Da die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer aufgrund der Covid-Gesetzgebung nach dessen Testverweigerung nicht mehr als Hortmitarbeiter einsetzen durfte, bewirkte dieser vorsätzlich eine Unmöglichkeit der Arbeitserbringung und war in der Folge auch nach Androhung der fristlosen Kündigung nicht bereit, seine Haltung zu überdenken. Unter diesen Umständen war der Arbeitgeberin eine Weiterführung des Anstellungsverhältnisses nicht mehr zumutbar. Daran ändere auch nichts, dass der Arbeitnehmer – wie er vorbrachte – “in guten Treuen” davon ausgegangen war, dass die fraglichen Pflichten verfassungswidrig seien, denn es stehe Angestellten nicht zu, nach eigenem Gutdünken darüber zu entscheiden, ob sie rechtliche Vorschriften gelten lassen wollen. Angesichts der Uneinsichtigkeit des Arbeitnehmers war der Arbeitgeberin schliesslich auch nicht zumutbar, die ordentliche Kündigungsfrist abzuwarten. Nachdem er die Unmöglichkeit der Arbeitserbringung durch sein Verhalten vorsätzlich herbeigeführt hatte, hatte er für die ausgebliebene Arbeitsleistung keinen Anspruch auf Lohn(fort)zahlung, weshalb ihm für die Dauer der vorsorglichen Einstellung im Amt ebenfalls kein Lohn geschuldet worden sei.
Würdigung
Der Entscheid verleiht dem — insbesondere bei Kündigungen so wichtigen — Institut des rechtlichen Gehörs mehr Konturenschärfe, und hält zurecht fest, dass der Entscheid selbstverständlich schon konkret – und insoweit spruchreif – sein kann zum Zeitpunkt der Gehörsgewährung. Nach der hier vertretenen Rechtsauffassung sollen die Kündigungsabsicht und die Gewährung des rechtlichen Gehörs gerade ausformuliert und begründet werden. Der Arbeitnehmer muss wissen, von welchen Überlegungen sich die Arbeitgeberin leiten lässt und welche Abwägungen sie hierbei trifft. Ihr aus diesem Umstand einen Strick zu drehen und darin einen Beleg dafür zu sehen, dass ihr beabsichtigter Entscheid unverrückbar ist, würde einer überstürzten Kündigungspraxis Vorschub leisten und ist abzulehnen.
Was das Erfordernis der Unzumutbarkeit anbelangt, so zeigt der Entscheid, dass selbst bei den berechtigterweise hohen Hürden für eine fristlose Kündigung der Arbeitgeber einer faktischen Verweigerung der Arbeitsleistung nicht ausgeliefert ist und dass eine solche eben nicht erst dann vorliegt, wenn der Arbeitnehmer die Arbeit an sich verweigert, sondern auch, wenn er seinen Einsatz vereitelt, indem er für seine Berufsausübung – namentlich für die Sicherheit anderer – erforderliche Mitwirkungspflichten unterlässt.