Wissenswertes zur Probezeit

Grund­sätz­lich be­ginnt je­des neue Ar­beits­ver­hält­nis mit ei­ner Pro­be­zeit. Die Pro­be­zeit ist ei­ne be­schränk­te Zeit­dau­er, wäh­rend der ein Ken­nen­ler­nen statt­fin­den und die Zu­sam­men­ar­beit aus­pro­biert wer­den kann und wäh­rend der noch nicht al­le Rech­te und Pflich­ten des «nor­ma­len» Ar­beits­ver­hält­nis­ses zum Tra­gen kom­men. Die Ver­trags­par­tei­en sol­len in die­ser Zeit ab­schät­zen kön­nen, ob sie die ge­gen­sei­ti­gen Er­war­tun­gen er­fül­len. Die Pro­be­zeit be­inhal­tet ei­ni­ge Spe­zia­li­tä­ten, de­ren ge­naue­re Be­trach­tung sich lohnt.

Die Pro­be­zeit dient den Par­tei­en da­zu, ein­an­der mög­lichst zwang­los ken­nen­zu­ler­nen, was zur Schaf­fung ei­nes Ver­trau­ens­ver­hält­nis­ses not­wen­dig ist. Vor Ab­lauf der Pro­be­zeit kön­nen bei­de Par­tei­en nicht dar­auf ver­trau­en, das Ar­beits­ver­hält­nis wer­de lang­fris­tig Be­stand ha­ben. Dies führt da­zu, dass ei­ni­ge Rech­te und Pflich­ten und ins­be­son­de­re der Ar­beit­neh­mer­schutz wäh­rend der Pro­be­zeit ge­rin­ger aus­fal­len. So kom­men bei­spiels­wei­se kei­ne Sperr­fris­ten zur An­wen­dung und es be­steht kein An­spruch auf Lohn­fort­zah­lung bei Krank­heit. So­wohl der sach­li­che Kün­di­gungs­schutz als auch die Vor­aus­set­zung des sach­li­chen Kün­di­gungs­grun­des (öf­fent­li­ches Per­so­nal­recht) kom­men hin­ge­gen zur Anwendung.

Dauer der Probezeit

Ge­mäss Art 335b Abs. 1 OR gilt der ers­te Mo­nat ei­nes Ar­beits­ver­hält­nis­ses als Pro­be­zeit. Im Ar­beits­ver­trag, in ei­nem Nor­mal­ar­beits­ver­trag oder in ei­nem Ge­samt­ar­beits­ver­trag kann die Pro­be­zeit ver­län­gert wer­den oder es kann auch kom­plett auf ei­ne Pro­be­zeit ver­zich­tet wer­den. Ge­mäss Art. 335 Abs. 2 OR darf die Pro­be­zeit höchs­tens auf drei Mo­na­te ver­län­gert wer­den. Die­se (zwin­gen­de) Be­stim­mung gilt nur im pri­va­ten Ar­beits­recht. Im öf­fent­li­chen Per­so­nal­recht fin­den sich ver­schie­de­ne Kan­to­ne und Ge­mein­den, die ge­mäss ih­rem Per­so­nal­recht län­ge­re Pro­be­zei­ten er­mög­li­chen. Beim be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag gibt es von Ge­set­zes we­gen kei­ne Pro­be­zeit. Ei­ne sol­che kann aber schrift­lich ver­ein­bart werden.

Ei­ne «Ver­län­ge­rung» der Pro­be­zeit er­folgt al­ler­dings dann, wenn in­fol­ge Krank­heit, Un­fall oder Er­fül­lung ei­ner nicht frei­wil­lig über­nom­me­nen ge­setz­li­chen Pflicht, die ver­ein­bar­te Dau­er nicht ge­leis­tet wer­den kann. Ver­län­ge­rung ist in­so­fern nicht zu­tref­fend, als die ef­fek­ti­ve Be­ob­ach­tungs­pe­ri­ode nicht ver­län­gert wer­den soll. Ar­beit­ge­be­rin und Ar­beit­neh­me­rin sol­len sich wäh­rend ei­ner be­stimm­ten «Net­to­zeit» ken­nen­ler­nen kön­nen, wes­halb ei­ne ent­spre­chen­de Ver­län­ge­rung (bes­ser Ver­la­ge­rung) ei­nes Teils der Pro­be­zeit erfolgt. 

Die Pro­be­zeit ist erst ab­ge­lau­fen, wenn al­le ur­sprüng­lich ge­plan­ten Ar­beits­ta­ge ge­leis­tet wor­den sind.

In ei­nem neue­ren Ur­teil (BGE 148 III 126) hat das Bun­des­ge­richt fest­ge­hal­ten, dass die wäh­rend der Pro­be­zeit ver­säum­ten Ta­ge ef­fek­tiv ab­zu­ar­bei­ten sind. Das be­deu­tet, dass die ge­naue An­zahl ver­pass­ter Ar­beits­ta­ge noch ge­leis­tet wer­den muss und erst dann die Pro­be­zeit ab­ge­lau­fen ist.

Fe­ri­en wäh­rend der Pro­be­zeit füh­ren nicht au­to­ma­tisch zu ei­ner Ver­län­ge­rung der­sel­ben. Es ist al­ler­dings mög­lich, so­fern die Ge­samt­dau­er von drei Mo­na­ten nicht über­schrit­ten wird, ver­trag­lich ei­ne um die Fe­ri­en­dau­er ver­län­ger­te Pro­be­zeit zu vereinbaren.

Rechte und Pflichten in der Probezeit

Wäh­rend der Pro­be­zeit kom­men noch nicht al­le Rech­te und Pflich­ten des Ar­beits­ver­hält­nis­ses voll zum Tra­gen. Dies zeigt sich ins­be­son­de­re hin­sicht­lich der Lohn­fort­zah­lung bei Ar­beits­un­fä­hig­keit und beim zeit­li­chen Kündigungsschutz.

Lohn­fort­zah­lung. Im pri­va­ten Ar­beits­recht be­steht kein ge­setz­li­cher An­spruch auf Lohn­fort­zah­lung bei Ar­beits­un­fä­hig­keit wäh­rend der Pro­be­zeit. Im Ver­trag oder ei­nem Per­so­nal­re­gle­ment kann selbst­ver­ständ­lich ei­ne an­de­re Lö­sung fest­ge­hal­ten wer­den und es ist auch wäh­rend der Pro­be­zeit mög­lich, dass ei­ne Kran­ken­tag­geld­ver­si­che­rung Lohn­fort­zah­lung leis­tet. Im öf­fent­li­chen Per­so­nal­recht ist es weit ver­brei­tet, dass auch schon wäh­rend der Pro­be­zeit für ei­ne be­stimm­te Dau­er Lohn­fort­zah­lung bei Krank­heit ge­leis­tet wird. Im Ge­gen­satz zur Krank­heit ist der Un­fall­ver­si­che­rungs­schutz ob­li­ga­to­risch, wes­halb im Fal­le ei­nes Un­falls ab dem drit­ten Tag An­spruch auf Lohn­fort­zah­lung be­zie­hungs­wei­se Tag­geld besteht.

Sperr­fris­ten. Der zeit­li­che Kün­di­gungs­schutz kommt in der Pro­be­zeit nicht zur An­wen­dung. Dies gilt so­wohl für das pri­va­te Ar­beits­recht (Art. 336c Abs. 1 OR) als auch für das öf­fent­li­che Per­so­nal­recht. Das be­deu­tet, dass ein Ar­beits­ver­hält­nis trotz Krank­heit oder Un­fall, Schwan­ger- oder Mut­ter­schaft, etc. ge­kün­digt wer­den kann. Es gilt al­ler­dings zu be­ach­ten, dass im pri­va­ten Ar­beits­recht der sach­li­che Kün­di­gungs­schutz zur An­wen­dung kommt und im öf­fent­li­chen Per­so­nal­recht die Vor­aus­set­zung ei­nes sach­li­chen Kün­di­gungs­grun­des auch wäh­rend der Pro­be­zeit gilt.

Sach­li­cher Kün­di­gungs­schutz. Ge­mäss Art. 336 OR sind die Ar­beit­neh­men­den vor miss­bräuch­li­chen Kün­di­gun­gen ge­schützt. In BGE 134 III 108 hat das Bun­des­ge­richt fest­ge­hal­ten, dass die­ser Schutz grund­sätz­lich auch wäh­rend der Pro­be­zeit gilt. Es muss al­ler­dings im Ein­zel­fall ge­prüft wer­den, ob die kon­kre­te Kün­di­gung mit Blick auf den durch die Pro­be­zeit ver­folg­ten Zweck doch als zu­läs­sig erscheint.

Spezialfall öffentliches Personalrecht

Im öf­fent­li­chen Per­so­nal­recht gibt es auch hin­sicht­lich der Pro­be­zeit vom Pri­vat­recht ab­wei­chen­de Aspek­te, die zu be­ach­ten sind.

Sach­li­cher Kün­di­gungs­grund. Auch bei ei­ner Kün­di­gung in der Pro­be­zeit braucht es im öf­fent­li­chen Per­so­nal­recht ei­nen sach­li­chen Kün­di­gungs­grund (und die Kün­di­gung darf nicht miss­bräuch­lich sein). Die An­for­de­run­gen sind aber ins­ge­samt tie­fer. So ge­nügt es zum Bei­spiel ge­mäss Ver­wal­tungs­ge­richt des Kan­tons Zü­rich be­reits, wenn auf­grund der Wahr­neh­mun­gen der Vor­ge­setz­ten die An­nah­me hin­rei­chend be­grün­det er­scheint, dass der Aus­weis der Fä­hig­keit oder der Eig­nung nicht er­bracht ist und vor­aus­sicht­lich auch nicht mehr er­bracht wer­den kann (VB.2022.00092).

Recht­li­ches Ge­hör. Aus dem An­spruch auf recht­li­ches Ge­hör ge­mäss Art. 29 Abs. 2 der Bun­des­ver­fas­sung und ge­mäss den ent­spre­chen­den kan­to­na­len und kom­mu­na­len Per­so­nal­rechts­be­stim­mun­gen er­gibt sich der An­spruch der Ar­beit­neh­men­den, sich vor Er­lass ei­ner für sie ne­ga­ti­ven Ver­fü­gung zur Ab­sicht zu äus­sern und ih­re dies­be­züg­li­che Stel­lung­nah­me wirk­sam zur Gel­tung zu brin­gen. Dies gilt auch wäh­rend der Pro­be­zeit (vgl. Ent­scheid des Ver­wal­tungs­ge­richts Zü­rich VB.2015.00697).

Über den Autor/die Autorin

Michael Oberdorfer

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