Die Hürden für eine fristlose Kündigung durch die Arbeitgeberin sind bekanntlich hoch. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hat diese in einem aktuellen Fall, in dem der Arbeitnehmer zugegeben hatte, die Zweitunterschrift auf dem Spesenformular gefälscht zu haben, als erfüllt erachtet und die fristlose Kündigung geschützt (Urteil vom 11. Dezember 2019, VB.2019.00504).
Abstract: Die Fälschung von Spesenformularen stellt einen schwerwiegenden Verstoss gegen die arbeitnehmerische Treuepflicht dar, welcher die Arbeitgeberin zur fristlosen Kündigung ohne vorgängige Mahnung berechtigt. Obwohl im vorliegenden Fall das Ergebnis des strafrechtlichen Verfahrens noch nicht vorlag, war die Kündigung zulässig, da es sich nicht um eine Verdachtskündigung handelte, sondern die Kündigung aufgrund eines erstellten Sachverhalts ausgesprochen worden ist. Bei der Unterschriftenfälschung spielt es keine Rolle, ob der Arbeitgeberin ein finanzieller Schaden entstanden ist. Entscheidend ist, ob allein die Fälschung der Unterschrift das Vertrauensverhältnis derart erschüttert hat, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist, was im vorliegenden Fall bejaht wurde.
Der Entscheid
Dem Entscheid des Verwaltungsgerichts Zürich lag im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde: Der Arbeitnehmer war seit Februar 2006 bei der ZHAW angestellt. Um Spesen vergütet zu erhalten, müssen die Mitarbeitenden der ZHAW diese in einem internen Verarbeitungssystem erfassen, das Spesenformular ausdrucken, unterzeichnen und unter Beilage der Originalbelege von der zuständigen Person datieren und unterzeichnen lassen. Danach werden die Unterlagen an die Lohnbuchhaltung weitergeleitet und zur Auszahlung freigegeben.
Mitte Oktober 2018 hatte der Vorgesetzte des Arbeitnehmers den Verdacht, dass die Zweitunterschrift auf einer Spesenabrechnung nicht von ihm stammen könnte, weshalb weiterführende interne Kontrollen und eine externe graphologische Untersuchung eingeleitet wurden. Diese ergaben, dass im Zeitraum von Januar 2014 bis September 2018 die Zweitunterschrift in mehr als zehn Fällen gefälscht worden war. Nachdem der Arbeitnehmer am 15. November 2018 damit konfrontiert wurde, gab er sofort zu, die Unterschrift seines Vorgesetzten gefälscht zu haben. Am gleichen Tag wurde ihm das rechtliche Gehör zur beabsichtigten fristlosen Kündigung gewährt und es wurde Strafanzeige eingereicht. In seiner Stellungnahme vom 19. November 2018 bestätigte der Arbeitnehmer sein Fehlverhalten und entschuldigte sich in aller Form. Er hielt aber fest, dass es sich inhaltlich um korrekte Speseneingaben gehandelt habe. Am 20. November 2018 sprach die ZHAW die fristlose Kündigung aufgrund des zerstörten Vertrauensverhältnisses aus.
Dagegen rekurrierte der Arbeitnehmer. Gegen den abgewiesenen Rekurs erhob er Beschwerde beim Verwaltungsgericht Zürich. Der Arbeitnehmer beantragte, dass die fristlose Kündigung unter Berücksichtigung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist in eine ordentliche Kündigung umzuwandeln sei. Weiter beantragte er die Ausrichtung einer Entschädigung in der Höhe von fünf Monatslöhnen. Schliesslich sei die ZHAW nicht zu Schaden gekommen und er habe sich nicht bereichert. So habe denn auch die ZHAW Strafanzeige wegen Urkundenfälschung und nicht auch wegen unrechtmässiger Bereicherung oder Veruntreuung eingereicht. Er habe lediglich die internen Weisungen in Bezug auf die Unterzeichnung von Spesenbelegen nicht befolgt, es liege damit aber kein schwerwiegender Verstoss gegen die Treuepflicht vor, der eine fristlose Kündigung rechtfertige. Eine solche sei unverhältnismässig.
Das Verwaltungsgericht hielt in Bezug auf den nicht entstandenen finanziellen Schaden fest, dass die strafrechtliche Würdigung des Fehlverhaltens für die personalrechtliche Beurteilung der Rechtmässigkeit der fristlosen Kündigung keine Rolle spiele. Vorliegend handle es sich um eine Kündigung, bei welcher der Sachverhalt erstellt und welche unabhängig von der noch nicht feststehenden strafrechtlichen Würdigung ausgesprochen worden sei. Die Fälschung von Unterschriften auf Spesenformularen stelle selbstredend eine schwerwiegende Verletzung der personalrechtlichen Treuepflicht gemäss § 49 PG dar. Es ändere auch nichts daran, dass der Arbeitnehmer durch die Fälschung keine ungerechtfertigten Spesenvergütungen erhalten habe. Die ZHAW müsse darauf vertrauen dürfen, dass Angestellte die Weisungen zur Spesenvergütung befolgen und nur durch Zweitunterschrift sei in einer Organisation in der Grösser der ZHAW überhaupt eine effiziente Kontrolle der Spesenvergütungen möglich. Das Fehlverhalten des Arbeitnehmers sei objektiv geeignet, die Vertrauensgrundlage zu zerstören, zumal dem Arbeitnehmer eine besondere Vertrauens- und Verantwortungsposition bei der ZHAW zukam. In diesen Funktionen repräsentierte er die ZHAW nicht nur gegenüber Studierenden, sondern auch gegenüber Kunden. Das Verwaltungsgericht kam zum Schluss, dass unter diesen Umständen die Weiterbeschäftigung auch nur während der ordentlichen Kündigungsfrist nicht mehr zumutbar war.
Würdigung
Gerechtfertigte fristlose Kündigung. Das Verwaltungsgericht kommt zum Schluss, dass die Fälschung von Unterschriften auf Spesenformularen selbstredend eine schwerwiegende Verletzung der personalrechtlichen Treuepflicht gemäss § 49 PG darstellt. Gemäss § 49 PG haben sich die Angestellten rechtmässig zu verhalten, die Rechte und Freiheiten des Volkes zu achten, die ihnen übertragenen Aufgaben persönlich, sorgfältig, gewissenhaft und wirtschaftlich auszuführen und die Interessen des Kantons in guten Treuen zu wahren.
Es ist offensichtlich, dass die Fälschung einer Unterschrift eine schwerwiegende Verletzung der Treuepflicht darstellt.
Offensichtlich insbesondere deshalb, weil das rechtmässige Verhalten der Angestellten verlangt wird. Einerseits handelt es sich bei einer Unterschriftenfälschung um eine strafbare Handlung und anderseits wird damit in krasser Weise gegen die interne Weisung zur Spesenvergütung verstossen. Es ist auch korrekt, dass sich daran nichts ändert, wenn der Arbeitnehmer durch die Fälschung keine ungerechtfertigten Spesenvergütungen erhalten hat. Das Vertrauen wird bereits durch die Unterschriftenfälschung zerstört und nicht erst durch eine allfällige damit bezweckte Bereicherung.
Abgrenzung gegenüber Verdachtskündigung. Auf den ersten Blick könnte man zur Einschätzung gelangen, dass es sich vorliegend um eine sogenannte Verdachtskündigung handelt, da zwar Strafanzeige gegen den Arbeitnehmer eingereicht worden ist, das Ergebnis des Strafverfahrens zum Zeitpunkt der Kündigung aber noch nicht feststand. Schliesslich gilt gemäss Art. 32 Abs. 1 der Bundesverfassung die Unschuldsvermutung (jede Person gilt bis zu ihrer rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig), was dazu führt, dass solche Verdachtskündigungen infolge unzureichender Sachverhaltsfeststellung in der Praxis oft sehr heikel sind und von Rechtsmittelinstanzen nicht selten als ungerechtfertigt beurteilt werden. Bei näherer Betrachtung wird aber klar, dass vorliegend die Kündigung nicht mit dem ungeklärten Vorwurf der Strafbarkeit des fraglichen Verhaltens begründet ist, sondern mit dem eingestandenen und damit unstrittigen Verhalten des Arbeitnehmers. Interessant ist an dieser Stelle die Frage, wie das Verwaltungsgericht die Situation beurteilt hätte, wenn der Arbeitnehmer die Unterschriftenfälschung bestritten hätte. In einem solchen Fall hat die Arbeitgeberin alle zumutbaren Abklärungen vorzunehmen, wobei das Bundesgericht hohe Anforderungen an die Abklärungspflichten stellt. Wenn sich aufgrund der Abklärungen ergibt, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der fragliche Sachverhalt bestätigt werden kann, dürfte eine fristlose Kündigung auch ohne Eingeständnis des Arbeitnehmers gerechtfertigt sein.
Formelles Vorgehen bei fristloser Kündigung. Bei der fristlosen Auflösung von öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnissen ist auch das formelle Vorgehen von grosser Bedeutung. Vorliegend wurde das rechtliche Gehör mit einer Frist von vier Tagen sofort nach der Feststellung der Fälschung gewährt und die fristlose Kündigung einen Tag nach dem Eingang der Stellungnahme des Arbeitnehmers ausgesprochen. Dieses Vorgehen wurde vom Verwaltungsgericht nicht beanstandet.
Auch bei fristlosen Kündigungen ist das rechtliche Gehör zu gewähren.
Einerseits wird damit implizit festgehalten, dass auch bei fristlosen Kündigungen das rechtliche Gehör zu gewähren ist und anderseits, dass die entsprechende Frist deutlich kürzer als bei ordentlichen Kündigungen sein darf. Nicht behandelt wird im besprochenen Entscheid die Frage, wie lange sich die zuständige Behörde insgesamt nach Kenntnis der entsprechenden Handlungen bis zur Kündigung Zeit lassen darf. Das Bundesgericht hat sich in BGE 138 I 113 zu dieser Frage in sehr allgemeiner Form geäussert. Es hat festgehalten, dass während im Zivilrecht eine fristlose Kündigung in der Regel innert weniger Arbeitstage auszusprechen ist und eine längere Frist nur zugestanden wird, sofern praktische Erfordernisse des Alltags- und Wirtschaftslebens diese als berechtigt erscheinen lassen, im öffentlichen Personalrecht weitere sachliche Gründe ein längeres Zuwarten zu rechtfertigen vermögen.
Fazit
Obwohl die Hürden für eine fristlose Kündigung hoch sind (vgl. auch Privater Lästerchat kein Grund für fristlose Kündigung), gibt es doch Verhaltensweisen (insbesondere strafrechtlich relevantes Verhalten), die diese zu rechtfertigen vermögen. Zentral ist auch hier, dass die Grundsätze des öffentlichen Rechts beachtet werden. Im Hinblick auf das formelle Vorgehen lässt sich – unter Berücksichtigung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung – festhalten, dass verhältnismässig kurze Reaktionszeiten gefordert sind. Es ist auf jeden Fall empfehlenswert, das rechtliche Gehör sofort zu gewähren, sobald der Sachverhalt erstellt ist. Gleichzeitig hat die Ein- bzw. Freistellung des Arbeitnehmers zu erfolgen, da ansonsten faktisch widerlegt wird, dass die weitere Zusammenarbeit unzumutbar ist. Die Frist für die Gewährung des rechtlichen Gehörs darf deutlich reduziert sein und sollte abhängig von der Komplexität des Falles ungefähr 3–4 Tage betragen. Ein Entscheid sollte in der Folge so schnell wie möglich ergehen.