Mit den kürzer werdenden Tagen wächst die Vorfreude auf die Festtage und Winterferien. Gleichzeitig ist Winterzeit auch Grippe- und Erkältungszeit. So kann es durchaus vorkommen, dass eine fiese Grippe die Ferien- bzw. Feiertagspläne durchkreuzt. Rechtlich wirft das Zusammenfallen von Krankheit und Ferien Fragen auf, weil das eine das andere ausschliessen kann, aber nicht muss.
Abstract: Krankheits- oder unfallbedingte Beeinträchtigungen in einem einigermassen erheblichen Ausmass führen bei Nachweis durch entsprechendes Arztzeugnis dazu, dass die Ferientage nachbezogen werden können. Der Nachweis für die Ferienunfähigkeit obliegt der Arbeitnehmerin. Bei bestehender Ferienfähigkeit kann trotz Arbeitsunfähigkeit der Ferienzweck erfüllt und können Ferientage bezogen werden. Krankheit während Feiertagen und unbesoldetem Urlaub begründet keinen Anspruch auf Nachbezug.
Krankheit während der Ferien
Ferien sollen der Arbeitnehmerin zur Entspannung und Erholung dienen. Erkrankt oder verunfallt sie während der Ferien, wird der Ferienzweck in der Regel vereitelt. Wenn die entsprechenden Krankheits- und Unfalltage mit einem Arztzeugnis belegt werden, sind diese Tage deshalb nicht als Ferien anzurechnen. Die bestehende Beeinträchtigung schliesst in diesem Fall den Ferienbezug aus. Der Grundsatz, dass bei Krankheit während der Ferien die entsprechenden Tage nachbezogen werden können, gilt sowohl im öffentlichen Personalrecht (meist explizit geregelt), als auch im privaten Arbeitsrecht (nicht explizit geregelt). Es ist allerdings eine wichtige Präzisierung vorzunehmen.
Nicht die Arbeitsunfähigkeit, sondern die Ferienunfähigkeit ist relevant dafür, ob Ferientage angerechnet werden.
Krankheit oder Unfall während der Ferien kann zu Ferienunfähigkeit führen, wenn wegen Bettruhe, medizinischer Behandlungen, regelmässigem Arztbesuch über längerer Zeit, Spitalaufenthalt oder allgemeinem Unwohlsein eine Entspannung und Erholung nicht eintreten kann (Urteil GD_989/2009 der Gesundheitsdirektion Kanton Zürich vom 03.08.2012). Damit der Erholungszweck der Ferien vereitelt werden kann, müssen die Beeinträchtigungen somit einen gewissen Schweregrad erreichen. Eine blosse Unpässlichkeit von weniger als einem Tag reicht dafür nicht aus.
Wenn sich beispielsweise ein Büroangestellter in den Wanderferien zwei Finger bricht, dann ist er mit grosser Wahrscheinlichkeit mindestens für kürzere Zeit zu 100 % arbeitsunfähig. Seine Wanderferien kann er aber abgesehen vom kurzen Arzt- oder Spitalbesuch ohne Probleme absolvieren und sich dabei auch erholen, sofern die Schmerzen nicht zu stark sind. Er ist ferienfähig trotz bestehender Arbeitsunfähigkeit. Hätte er sich ein Bein gebrochen, wäre er mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht nur arbeitsunfähig, sondern eben auch ferienunfähig gewesen – die Ferien könnten hier ihren Erholungszweck nicht entfalten.
Liegt eine Ferienunfähigkeit vor, dürfen die Tage, an welchen der Arbeitnehmer planmässig Ferien beziehen wollte, diese nun aber wegen der Beeinträchtigungen ihren Erholungszweck nicht erfüllen können, nicht als Ferien angerechnet werden. Es handelt sich dann um eine Periode der «Lohnfortzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit» und wird entsprechend auch an die diesbezügliche Frist angerechnet.
Ferien während bestehender Arbeitsunfähigkeit
Es ist also durchaus möglich, dass zwar eine Arbeitsunfähigkeit, nicht aber eine Ferienunfähigkeit vorliegt. Während eine Ferienunfähigkeit in der Regel auch eine Arbeitsunfähigkeit bedingt, ist dies umgekehrt nicht der Fall. Es ist im Allgemeinen und insbesondere bei einer arbeitsplatzbezogenen Arbeitsunfähigkeit durchaus möglich, dass auch bei längerer Arbeitsunfähigkeit eine Ferienfähigkeit besteht und der Erholungszweck der Ferien gewährleistet werden kann. Wenn die Ferienfähigkeit gegeben ist, hat die Arbeitgeberin dem Angestellten während der Ferien den Lohn zu 100 % zu zahlen, da es sich um Ferien und nicht um Lohnfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit handelt. Selbstverständlich werden die bezogenen Ferientage in diesem Fall auch vom Feriensaldo abgezogen. Falls eine Krankentaggeldversicherung besteht, kann diese die Taggelder während der Ferien einstellen.
Krankheit während Feiertagen oder unbezahltem Urlaub
Von der Krankheit während der Ferien ist die Krankheit an Feiertagen oder während eines unbesoldeten Urlaubs zu unterscheiden. Die Krankheit an einem Feiertag berechtigt im Gegensatz zur Krankheit während der Ferien nicht dazu, den Feiertag nachzuholen. Dies hängt damit zusammen, dass die Feiertage in Bezug auf das Arbeitsverhältnis nicht einem (gesetzlich vorgesehenen) Erholungszweck dienen sollen. An den Feiertagen herrscht vielmehr deshalb ein «Arbeitsverbot», da die Ruhe an diesen Tagen mit ursprünglich meist religiösem Hintergrund gewährleistet sein soll.
Ein unbesoldeter Urlaub ist insofern ein anderer Fall, als während dieser Zeit per se kein Lohnanspruch besteht, da die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberpflichten sistiert sind. Eine Krankheit während eines unbesoldeten Urlaubs liegt somit in der Risikosphäre des Arbeitnehmers, sie trifft alleine ihn. Da aber die Dauer und damit das Ende eines unbesoldeten Urlaubs in der Regel klar definiert ist, kann der Fall eintreten, dass bei weiterhin bestehender Arbeitsunfähigkeit auch nach dem Ende des unbesoldeten Urlaubs, der Anspruch auf Lohnfortzahlung wiederauflebt.
Nachweis der Ferienunfähigkeit
Wie bereits Corina Ursprung in ihrem Beitrag «Wenn sich Arzt und Vertrauensarzt nicht einig sind» ausgeführt hat, obliegt der Nachweis für die Arbeitsunfähigkeit der Arbeitnehmerin. Bei Krankheit während der Ferien ist im Gegensatz zu Arbeitsunfähigkeiten, die nicht in die Ferien fallen, unumstritten, dass bereits ab dem ersten Tag ein Arztzeugnis verlangt werden kann. Trotzdem, oder gerade deswegen, ist es empfehlenswert, im Arbeitsvertrag oder in einem Personalreglement festzuhalten, dass bereits ab dem ersten Tag der Ferienunfähigkeit während der Ferien ein Arztzeugnis beizubringen ist.
Die meisten Arztzeugnisse äussern sich nicht zur Ferienunfähigkeit.
Äussert sich das Arztzeugnis nur zur Arbeits‑, nicht aber zur Ferienunfähigkeit, darf die Arbeitgeberin die entsprechende Präzisierung verlangen. Bei erfolgter Schweigepflichtentbindung kann die Nachfrage auch direkt bei der Ärztin erfolgen. Wird der Nachweis nicht erbracht, dass eine Ferienunfähigkeit besteht bzw. während der Ferien bestand, darf die Arbeitgeberin insbesondere bei Ferienbezug während längerer Arbeitsunfähigkeit Ferienfähigkeit annehmen.
Die Ferienfähigkeit bzw. ‑unfähigkeit, kann im Gegensatz zur Arbeitsunfähigkeit nur ganz oder gar nicht gegeben sein. Es ist nicht möglich, dass eine teilweise Ferienfähigkeit besteht. Diesbezüglich hat sich die behandelnde Ärztin festzulegen. Eine nur teilweise bestehende Arbeitsunfähigkeit ist demgegenüber meist ein Indiz dafür, dass die Ferienfähigkeit gegeben ist.