Unberechtigter Abbruch der Bewährungsfrist führt zu missbräuchlicher Kündigung

Der Früh­ling stand bis­her ganz im Zei­chen des Co­ro­na­vi­rus. Das Ver­wal­tungs­ge­richt des Kan­tons Zü­rich hat­te sich aber auch mit an­de­ren The­men zu be­fas­sen und hat am 9. April im Zu­sam­men­hang mit ei­ner miss­bräuch­li­chen Kün­di­gung ei­nen in­ter­es­san­ten Ent­scheid ge­fällt, bei dem die Ar­beit­ge­be­rin wohl die Bei­trä­ge auf dem Per­so­nal­rechts­blog zu den The­men Be­wäh­rungs­frist im öf­fent­li­chen Ar­beits­ver­hält­nis und Ver­meid­ba­re Feh­ler bei Kün­di­gun­gen im öf­fent­li­chen Per­so­nal­recht nicht ge­le­sen und ih­rem An­ge­stell­ten die Be­wäh­rungs­frist un­be­rech­tig­ter­wei­se ge­kürzt und das recht­li­che Ge­hör nur pro for­ma ge­währt hatte.

Abs­tract: Wird das recht­li­che Ge­hör nur pro for­ma ge­währt, gilt es als ver­letzt und die Kün­di­gung da­mit als for­mell man­gel­haft. Be­vor ei­ne Kün­di­gung we­gen man­gel­haf­ter Leis­tung oder un­be­frie­di­gen­dem Ver­hal­ten aus­ge­spro­chen wer­den kann, ist dem Ar­beit­neh­mer ei­ne an­ge­mes­se­ne Be­wäh­rungs­frist ein­zu­räu­men. Auf das An­set­zen ei­ner sol­chen Frist darf im Kan­ton Zü­rich nur aus­nahms­wei­se ver­zich­tet wer­den, wenn ent­we­der die stren­gen Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne frist­lo­se Kün­di­gung er­füllt sind oder wenn fest­steht, dass die Be­wäh­rungs­frist ih­ren Zweck nicht er­fül­len kann. Liegt kei­ne Aus­nah­me vor, gilt der Ab­bruch der Be­wäh­rungs­frist und die ge­stützt dar­auf aus­ge­spro­che­ne Kün­di­gung als miss­bräuch­lich bzw. sach­lich nicht ge­recht­fer­tigt, was die ent­spre­chen­den Rechts­fol­gen (Ent­schä­di­gung und ev. Ab­fin­dung) auslöst.

Der Entscheid

Dem Ent­scheid des Ver­wal­tungs­ge­richts Zü­rich (VB.2019.00700 vom 9. April 2020) lag im We­sent­li­chen fol­gen­der Sach­ver­halt zu­grun­de: Ein Mit­ar­bei­ter (Aufseher/Betreuer) des Voll­zugs­zen­trums Bach­tel (VZB) er­hielt nach be­stan­de­ner Aus­bil­dung zum Fach­mann Jus­tiz­voll­zug über Jah­re hin­weg meist gu­te Be­ur­tei­lun­gen von Leis­tung und Ver­hal­ten. Nach ei­nem Füh­rungs­wech­sel im Jahr 2014 bo­ten sei­ne Leis­tung und sein Ver­hal­ten häu­fi­ger An­lass für Kri­tik. Am 12. No­vem­ber 2015 wur­de ihm im Rah­men ei­ner Mit­ar­bei­ter­be­ur­tei­lung so­wohl ei­ne un­ge­nü­gen­de Fach­kom­pe­tenz als auch ein un­ge­nü­gen­des Ver­hal­ten at­tes­tiert und ihm wur­de ei­ne Be­wäh­rungs­frist von sechs Mo­na­ten an­ge­setzt. Be­grün­det wur­de dies da­mit, dass im­mer wie­der Be­schwer­den von In­sas­sen ein­ge­reicht wor­den sei­en, in wel­chen die Ar­beits­aus­füh­run­gen und das Ver­hal­ten des Be­schwer­de­füh­rers be­an­stan­det wor­den sei­en. Er wer­de als un­mensch­lich, re­spekt­los, dis­kri­mi­nie­rend und pro­vo­ka­tiv ge­schil­dert. Zu­dem wür­den sei­ne Ar­beits­mo­ral und die Zu­sam­men­ar­beit mit den Vor­ge­setz­ten zu wün­schen üb­rig las­sen und hät­ten sich sein Ver­hal­ten und sei­ne Ar­beits­leis­tung in­nert der letz­ten Mo­na­te nicht in den ge­for­der­ten Be­rei­chen ver­än­dert. Die ers­te Hälf­te der Be­wäh­rungs­frist brach­te der Mit­ar­bei­ter oh­ne mass­geb­li­che Be­an­stan­dun­gen hin­ter sich. Da­nach fiel der Ge­samt­ein­druck un­ge­nü­gend aus. Vor Ab­lauf der Be­wäh­rungs­frist wur­de am 14. März 2016 der zu­stän­di­gen Di­rek­ti­on der An­trag auf aus­nahms­wei­sen Ver­zicht auf die Be­wäh­rungs­frist ge­stellt. Als Grund da­für wur­de ein hoch il­loya­les und ge­fähr­den­des Ver­hal­ten ge­gen­über Mit­ar­bei­ten­den und der In­sti­tu­ti­on an­ge­ge­ben. Der Mit­ar­bei­ter ha­be die In­sas­sen ge­gen­ein­an­der auf­ge­wie­gelt und sie er­mun­tert, Be­schwer­den ge­gen Ar­beits­kol­le­gen ein­zu­rei­chen. Der Di­rek­tor der Voll­zugs­ein­rich­tun­gen Zü­rich und der Lei­ter des VZB hat­ten an­schlies­send (noch vor der Ant­wort der zu­stän­di­gen Di­rek­ti­on) ein Schrei­ben an sämt­li­che Mit­ar­bei­ten­den des Zen­trums be­tref­fend die Kom­mu­ni­ka­ti­on über die Auf­lö­sung des Ar­beits­ver­hält­nis­ses auf­ge­setzt, wel­ches al­ler­dings noch­mals über­ar­bei­tet wur­de. Dies nach­dem die Lei­te­rin des Dienst­leis­tungs­zen­trums für das Per­so­nal­we­sen im Amt für Jus­tiz­voll­zug den Ein­wand er­hob, dass die Kün­di­gung noch nicht aus­ge­spro­chen wor­den sei und ob­wohl an­ge­nom­men wer­den kön­ne, dass es da­zu kom­men wer­de, dem Mit­ar­bei­ter zu­erst noch das recht­li­che Ge­hör zu ge­wäh­ren sei. Schliess­lich wur­de der An­trag auf Ver­zicht der Be­wäh­rungs­frist von der Di­rek­ti­on am 15. März 2016 un­ter­stützt. Am 15. April 2016 wur­de das Ar­beits­ver­hält­nis per 31. Ok­to­ber 2016 aufgelöst.

Nach­dem in ers­ter In­stanz der Re­kurs ab­ge­wie­sen wor­den war, er­hob der Mit­ar­bei­ter Be­schwer­de beim Ver­wal­tungs­ge­richt. Das Ver­wal­tungs­ge­richt hiess die Be­schwer­de gut.

Würdigung

Bei die­sem Ent­scheid sind ins­be­son­de­re drei Aspek­te in­ter­es­sant und wer­den des­halb ex­em­pla­risch be­han­delt: Die Ver­let­zung des recht­li­chen Ge­hörs, der (feh­ler­haf­te) Ver­zicht auf die Be­wäh­rungs­frist und die fi­nan­zi­el­len Fol­gen der miss­bräuch­li­chen Kündigung.

Ver­let­zung des recht­li­chen Ge­hörs. Das recht­li­che Ge­hör dient der Klä­rung des Sach­ver­halts und ist ein we­sent­li­ches Mit­wir­kungs­recht der Mit­ar­bei­ten­den (vgl. schon Ver­meid­ba­re Feh­ler bei Kün­di­gun­gen im öf­fent­li­chen Per­so­nal­recht). Im Hin­blick auf Kün­di­gun­gen be­deu­tet dies, dass nicht ent­schie­den wor­den sein darf, das Ar­beits­ver­hält­nis auf­zu­lö­sen, be­vor sich der Ar­beit­neh­mer noch nicht zu die­ser be­ab­sich­tig­ten Kün­di­gung ge­äus­sert hat.

Die An­hö­rung des Mit­ar­bei­ters darf nicht pro for­ma erfolgen.

Ge­nau dies hat das Ver­wal­tungs­ge­richt im vor­lie­gen­den Fall fest­ge­stellt. Es hat da­zu aus­ge­führt, dass an­ge­sichts des ge­schil­der­ten kon­kre­ten Vor­ge­hens der Zen­trums­lei­tung und des Amts für Jus­tiz­voll­zug im Zu­sam­men­hang mit der Ge­hörs­ge­wäh­rung an­ge­nom­men wer­den müs­se, dass die­se über­haupt kein In­ter­es­se an ei­ner Äus­se­rung des Mit­ar­bei­ters zu den ihm ge­gen­über ge­äus­ser­ten Vor­wür­fen hat­ten und der Ent­scheid zu des­sen Ent­las­sung da­mals längst ge­fällt wor­den war. Dies zei­ge sich denn auch an dem Ent­wurf be­tref­fend Kom­mu­ni­ka­ti­on über die Auf­lö­sung des Di­rek­tors der Voll­zugs­ein­rich­tun­gen Zü­rich und des Lei­ters des VZB vom 14. März 2016 so­wie der Ant­wort der Lei­te­rin des Dienst­leis­tungs­zen­trums für das Per­so­nal­we­sen im Amt für Jus­tiz­voll­zug vom Folgetag.

Es kann nicht oft ge­nug ge­sagt wer­den: Die Stel­lung­nah­me zu ei­ner be­ab­sich­tig­ten Kün­di­gung – oder al­len­falls der Ver­zicht dar­auf – ist in je­dem Fall ab­zu­war­ten, be­vor kon­kre­te Schrit­te im Hin­blick auf ei­ne Kün­di­gung er­grif­fen wer­den dür­fen. Es kommt nicht nur auf die kor­rek­te Kom­mu­ni­ka­ti­on an, son­dern auch auf die kon­kre­ten Hand­lun­gen, die ge­tä­tigt wer­den. Auch wenn die Be­hör­den in sol­chen An­ge­le­gen­hei­ten ge­fühlt im­mer un­ter ho­hem Zeit­druck ste­hen, lohnt es sich, die ein­zel­nen Schrit­te nach­ein­an­der und nicht gleich­zei­tig zu ma­chen. Hilf­reich wä­re es, wenn das Mind­set der zu­stän­di­gen Be­hör­de be­zo­gen auf die Wei­ter­füh­rung des Ar­beits­ver­hält­nis­ses er­geb­nis­of­fen wä­re. Dann könn­te die kor­rek­te Ge­wäh­rung des recht­li­chen Ge­hörs mit Si­cher­heit si­cher­ge­stellt wer­den. Die meis­ten – auch for­mel­len – Feh­ler er­ge­ben sich, wenn sich die Be­hör­de nur noch ei­nen mög­li­chen Weg vor­stel­len kann. 

Ver­zicht auf Be­wäh­rungs­frist. Ei­ne Ver­kür­zung der Be­wäh­rungs­frist ist nicht oh­ne wei­te­res mög­lich, son­dern nur, wenn bei ei­ner Ab­wä­gung der In­ter­es­sen des Mit­ar­bei­ters und der öf­fent­li­chen In­ter­es­sen der Ar­beit­ge­be­rin letz­te­re über­wie­gen (vgl. schon den Blog­bei­trag vom 7. Ok­to­ber 2019). Im vor­lie­gen­den Fall führ­te die Ar­beit­ge­be­rin als Grund für die Ab­kür­zung der Be­wäh­rungs­frist ein an­geb­li­ches Si­cher­heits­ri­si­ko an. Die­ses be­leg­te sie mit zwei schrift­li­chen Be­schwer­den ei­ner Team­kol­le­gin und ei­nem von rund 30 In­sas­sen un­ter­zeich­ne­ten Haus­brief, wor­in un­ter an­de­rem dem Mit­ar­bei­ter an­ge­las­tet wur­de, dass im In­sas­sen­haus seit län­ge­rer Zeit Un­ru­he herr­sche, so­wie ei­nem nicht un­ter­zeich­ne­ten Rap­port, wor­aus her­vor­ging, dass zwei In­sas­sen Dro­hun­gen ge­gen­über dem Mit­ar­bei­ter aus­ge­spro­chen hät­ten. Zu den Vor­wür­fen der Team­kol­le­gin hat­te sich der Mit­ar­bei­ter vor Ab­kür­zung der Be­wäh­rungs­frist nicht äus­sern kön­nen und sie stell­ten sich nach­träg­lich als in die­ser Form nicht ge­recht­fer­tigt her­aus. Der Haus­brief wur­de ver­fasst, nach­dem ver­schie­de­ne In­sas­sen des Dro­gen­han­dels in der An­stalt ver­däch­tigt wur­den. In die­sem Kon­text be­ur­teil­te das Ver­wal­tungs­ge­richt den Haus­brief als Ab­len­kungs­ma­nö­ver. Es kam des­halb zum Schluss, dass zum Zeit­punkt des Ab­bruchs der Be­wäh­rungs­frist bei ob­jek­ti­ver Be­trach­tung kei­ne ver­läss­li­chen An­halts­punk­te da­für be­stan­den hät­ten, dass der Mit­ar­bei­ter die Be­wäh­rungs­mög­lich­keit nicht ernst ge­nom­men und der wei­te­re Fris­ten­lauf tat­säch­lich – wie be­haup­tet – ein er­heb­li­ches Si­cher­heits­ri­si­ko be­deu­tet hät­te. Es wä­re al­so nach wie vor mög­lich ge­we­sen, dass die Be­wäh­rungs­frist ih­ren Zweck er­füllt hätte.

Für ei­ne Ver­kür­zung der Be­wäh­rungs­frist braucht es trif­ti­ge Grün­de. Na­ment­lich müs­sen ge­mäss Recht­spre­chung die stren­gen Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne frist­lo­se Kün­di­gung er­füllt sein, mit­hin al­so die Fort­set­zung des An­stel­lungs­ver­hält­nis­ses nach Treu und Glau­ben als un­zu­mut­bar er­schei­nen, oder es muss fest­ste­hen, dass die Be­wäh­rungs­frist ih­ren Zweck nicht er­fül­len kann. Die dies­be­züg­li­che Recht­spre­chung des Ver­wal­tungs­ge­richts ist zu be­grüs­sen, da ei­ne an­ge­setz­te Be­wäh­rungs­frist ei­ne ech­te Chan­ce für die Mit­ar­bei­ten­den bie­ten muss und sonst zur Far­ce wird.

Fi­nan­zi­el­le Fol­gen ei­ner miss­bräuch­li­chen Kün­di­gung. Der vor­lie­gen­de Fall be­fasst sich auch mit den fi­nan­zi­el­len Fol­gen ei­ner miss­bräuch­li­chen Kün­di­gung. Ei­ner­seits ist bei ei­ner miss­bräuch­li­chen Kün­di­gung ei­ne Ent­schä­di­gung ge­schul­det und an­der­seits un­ter Um­stän­den zu­sätz­lich noch ei­ne Ab­fin­dung, da es sich um ei­ne un­ver­schul­de­te Kün­di­gung han­delt. Die Ent­schä­di­gung ist ge­schul­det, wenn sich ei­ne Kün­di­gung als miss­bräuch­lich oder sach­lich nicht ge­recht­fer­tigt er­weist und der ent­las­se­ne Mit­ar­bei­ter nicht wie­der­ein­ge­stellt wird (dar­auf be­steht im Kan­ton Zü­rich, im Ge­gen­satz zum Bei­spiel zur Stadt Zü­rich, kein An­spruch). Sie be­misst sich nach den Be­stim­mun­gen des Ob­li­ga­tio­nen­rechts über die miss­bräuch­li­che Kün­di­gung. Die Ent­schä­di­gung hat zwei Funk­tio­nen: Ei­ner­seits die Be­stra­fung des Ar­beit­ge­bers (pöna­le Funk­ti­on) und an­der­seits die Wie­der­gut­ma­chung beim Mit­ar­bei­ter. Die Ent­schä­di­gung darf den Be­trag von sechs Mo­nats­löh­nen nicht über­stei­gen und wird von der Rich­te­rin in Wür­di­gung al­ler Um­stän­de fest­ge­setzt. Im vor­lie­gen­den Fall be­trug sie drei Mo­nats­löh­ne. Be­rück­sich­tigt wur­den das Al­ter des Mit­ar­bei­ters, die An­zahl Dienst­jah­re, die for­mel­len und ma­te­ri­el­len Män­gel der Kün­di­gung und auch, dass der Mit­ar­bei­ter selbst ein­räum­te, Mü­he da­mit ge­habt zu ha­ben, den An­for­de­run­gen des neu­en Vor­ge­setz­ten ge­recht zu werden. 

Weil die Kün­di­gung nicht ge­recht­fer­tigt und for­mell man­gel­haft war, trifft den Mit­ar­bei­ter kein Ver­schul­den im Sin­ne von § 26 Abs. 1 Per­so­nal­ge­setz des Kan­tons Zü­rich. Er hat des­halb grund­sätz­lich An­spruch auf ei­ne Ab­fin­dung. Auch die Ab­fin­dung wird nach den Um­stän­den des Ein­zel­falls fest­ge­legt, wo­bei ins­be­son­de­re die per­sön­li­chen Ver­hält­nis­se und die Ar­beits­markt­chan­cen, die Dienst­zeit und der Kün­di­gungs­grund be­rück­sich­tigt wer­den. In der Voll­zugs­ver­ord­nung zum Per­so­nal­ge­setz fin­det sich ei­ne Ab­stu­fung je nach Dienst­jahr und Al­ter. Im vor­lie­gen­den Fall hielt das Ver­wal­tungs­ge­richt fest, dass mit Blick auf das Al­ter und die Dienst­zeit des Mit­ar­bei­ters die Ab­fin­dung eher im un­te­ren Drit­tel (von höchs­tens 15 Mo­nats­löh­nen) fest­zu­set­zen sei. Er­hö­hend wir­ke sich der Um­stand aus, dass er zum Zeit­punkt der Kün­di­gung Un­ter­stüt­zungs­pflich­ten hat­te. Es kön­ne – trotz for­mell und ma­te­ri­ell man­gel­haf­ter Kün­di­gung – aber nicht aus­ser Acht blei­ben, dass das Ver­hal­ten des Be­schwer­de­füh­rers in der Ver­gan­gen­heit auch Grund zu Be­an­stan­dun­gen bot. Im Er­geb­nis setz­te das Ver­wal­tungs­ge­richt ei­ne Ab­fin­dung von sechs Mo­nats­löh­nen fest. Bei der Ab­fin­dung ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass sie um die Hälf­te des wäh­rend der Ab­fin­dungs­dau­er er­ziel­ten Er­werbs­ein­kom­mens ge­kürzt wird.

Wäh­rend bei ei­ner Ri­si­ko­ab­schät­zung im Zu­sam­men­hang mit ei­ner ins Au­ge ge­fass­ten Kün­di­gung häu­fig an die Ent­schä­di­gung ge­dacht wird, geht ger­ne die al­len­falls ge­schul­de­te Ab­fin­dung ver­ges­sen, da aus Sicht des Ar­beit­ge­bers die Kün­di­gung in sol­chen Fäl­len meist als vom Mit­ar­bei­ter ver­schul­det an­ge­se­hen wird. Wie der Ent­scheid zeigt, darf sie aber nicht aus­ser Acht ge­las­sen werden.

Einschätzung und Empfehlung für die Praxis

Beim Le­sen des Ent­scheids wird der Ein­druck er­weckt, dass es sich um ei­nen klas­si­schen Fall des Vor­ge­setz­ten­wech­sels mit an­schlies­sen­dem «An­zie­hen der Schrau­be» und Auf­lö­sung des Ar­beits­ver­hält­nis­ses han­delt. Die Fäl­le sind aus der Pra­xis be­kannt und es ist an die­sem Vor­ge­hen grund­sätz­lich auch nichts aus­zu­set­zen. Es ent­spricht der Na­tur der Sa­che, dass neue Vor­ge­setz­te an­de­re An­for­de­run­gen ha­ben und es ist auch ei­ne Chan­ce, dass die be­stehen­den Ar­beits­ver­hält­nis­se neu be­ur­teilt wer­den. Da­bei darf aber ei­nes nicht ver­ges­sen werden: 

Es gibt nor­mier­te Ver­fah­ren und Pro­zes­se, de­ren Nicht­ein­hal­tung die Ar­beit­ge­be­rin teu­er zu ste­hen kom­men kann.

Es lohnt sich, das Au­gen­merk bei schwie­ri­gen Per­so­nal­ver­hält­nis­sen auch auf die Ver­fah­ren und Pro­zes­se zu rich­ten. Be­reits im ers­ten Bei­trag auf dem Per­so­nal­rechts­blog ha­be ich aus­ge­führt, dass es hilft, die kor­rek­te, struk­tu­rier­te Vor­ge­hens­wei­se bei Kün­di­gun­gen und ins­be­son­de­re auch die ver­meid­ba­ren Feh­ler zu ken­nen, um sie gar nicht erst zu be­ge­hen. Dar­an möch­te ich fest­hal­ten und es an­hand die­ses Ur­teils noch­mals be­to­nen. Es liegt auf der Hand, dass, wenn im vor­lie­gen­den Fall der Ab­lauf der Be­wäh­rungs­frist ab­ge­war­tet und an­schlies­send das recht­li­che Ge­hör kor­rekt ge­währt wor­den wä­re, bei Vor­lie­gen ei­ni­ger­mas­sen plau­si­bler Grün­de ei­ne Kün­di­gung nicht miss­bräuch­lich ge­we­sen wä­re. So­mit wä­ren zu­sätz­lich zum Image­ver­lust we­der Ent­schä­di­gung noch Ab­fin­dung da­zu ge­kom­men. Mög­li­cher­wei­se wä­re auch gar kein Ge­richts­ver­fah­ren vom Mit­ar­bei­ter an­ge­strebt wor­den, da er sich durch­aus be­wusst war, dass er Mü­he da­mit ge­habt hat­te, den An­for­de­run­gen des neu­en Vor­ge­setz­ten ge­recht zu werden. 

Über den Autor/die Autorin

Michael Oberdorfer

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